
Einführung
Lange war ich auf Suche nach einem günstigen LTO Tape Drive, um meine Daten zu sichern. Dabei wollte ich mich nicht (wieder) auf Festplatten verlassen.
Im Vergleich zu Festplatten sind die einzelnen Bänder relativ günstig und bieten in den neueren Generationen gute Kapazitäten:
Tabelle Übersicht LTO-Generationen
Generation | TB nativ | TB kompr. | Lesen | Schreiben | Release |
LTO-6 | 2.5 | 6.25 | 6+5+4 | 6+5 | 2012 |
LTO-7 | 6 | 15 | 7+6+5 | 7+6 | 2015 |
LTO-8 | 12 | 30 | 8+7 | 8+7 | 2017 |
LTO-9 | 18 | 45 | 9+8 | 9+8 | 2021 |
Mit einem Preis von ca. CHF 35 (LTO-6) und CHF 115 (LTO-9) bieten sie ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Rein auf das Medium bezogen kostet in der höchsten, normal verfügbaren Kapazität pro TB eine NVMe SSD um die CHF 70, eine 2.5″ SATA SSD etwas um die CHF 60 und eine 3.5″ SATA HDD ca. CHF 16. SSDs sind natürlich völlig ungeeignet zur (Langzeit-) Archivierung. LTO-Bänder kommen in der 6. Generation auf ca. CHF 14 pro TB, Bänder der Generation 9 sogar auf ~ CHF 6.
Kosten
Eigentlich eine tolle Alternative zu Festplatten, wäre da nicht das Problem mit den hohen Anschaffungskosten. LTO war im Gegensatz zu gewissen älteren Bandlaufwerken nie für Privatanwender gedacht. Ein neues Drive kostet ohne Probleme mal CHF 3’000 aufwärts.
In der Bucht gibt es viele gebrauchte Laufwerke zu kaufen, häufig sind diese aber auch nicht viel günstiger. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass interne oftmals günstiger sind als externe, die günstigsten waren bei meinen Suchen die Modelle aus Tape Libraries. Das Problem: Diese Laufwerke haben ein eigenes Gehäuse. Darin steckt ein internes Laufwerk. Dieses ist aber, zumindest bei IBM, für die Verwendung in einer Library konfiguriert.
Das lässt sich aber ändern.
Tape Drive aus Tape Library






Umbau FC-HBA
Für den Anschluss wird ein Host Bus Adapter (HBA) benötigt, je nach Drive entweder als SAS oder FC. Da mein gekauftes Drive FC-Ports hat, konnte ich einen gebunkerten Adapter wiederverwenden, von dem ich nicht mehr dachte, dass ich ihn je wieder brauchen würde.

Der Adapter ist aus einem alten HP(E)-Server, hat auch HP-Branding und HP-Teilenummer. 8Gb FC Anschluss über PCIe 2.0. Genug für ein Tape Drive. Da der Adapter aber direkt in mein Eigenbau-NAS kommt und nicht in einen Server mit entsprechendem Airflow, muss irgendwie das Problem mit der Kühlung gelöst werden.



Nach dem Ankleben eines Lüfters mit 2K-Kleber wurden die Leitungen für Signal und Speed abgeklemmt. Leider habe ich nur einen 5V-Lüfter gefunden in dieser Grösse. Diesen kann ich dafür an einen freien USB 2.0 Header statt am 12V Fan Connector anschliessen.
Umbau Stromversorgung
Der Anschluss an der linken Seite vom Gehäuse wird ohne Tape Library nicht (mehr) benötigt.

Um das Molex-Kabel aus dem Gehäuse zu bringen, habe ich den Ethernet-Anschluss ausgebaut.

Mit einem Terminal Removal Tool lassen sich die einzelnen Pins ohne Gewalt vom Stecker lösen. Das Kabel habe ich verlängert, dabei habe ich auch noch gleich den Lüfter angeschlossen. Wäre eigentlich ein guter Zeitpunkt gewesen, um den Lüfter gegen einen der braunen zu tauschen, denn der originale ist ziemlich laut. Leider hatte ich keinen mehr in dieser Grösse.

Mit einem separaten Netzteil lässt sich das Tape Drive dann ein und ausschalten. Es liesse sich über eine Verlängerung auch am internen Netzteil vom PC anschliessen, doch das empfehle ich nicht. Das Tape Drive würde ständig laufen, zum Ein- und Ausschalten ständig am Stecker zu ziehen ist nicht ideal. Die Molex-Stecker (die eigentlich „AMP Mate-n-Lok 1-480424-0“ heissen) sind nicht gerade für ihre Zuverlässigkeit bekannt.
Fertig umgebaut könnte es so aussehen:

Schön geht definitiv anders.
Erkennung des Tape Drives
Bevor weitergemacht wird, ist es sinnvoll, das Teil mal einzuschalten und zu prüfen.
Wichtig
Tape Drives werden sehr schnell warm. In einem separaten Gehäuse werden die Drives durch einen Lüfter gekühlt, eingebaut als interne Drive im Server werden sie durch den vorhandenen Airflow gekühlt. Das Laufwerk sollte nicht längere Zeit (über 1 – 2 Minuten) ohne Kühlung betrieben werden. Ein Temperatursensor ist vorhanden, ich würde mich darauf aber nicht verlassen. Bänder sind temperaturempflindlich.
Beim Start können wir das Laufwerk beobachten. Die Segmentanzeige zeigt Animationen und Status Codes. Der Antrieb sollte sich beim Start hin und her bewegen.
Mögliche Fehlercodes bei IBM
Code | Problem |
---|---|
0 | OK |
1 | Temperatur |
2 | Stromversorgung |
3 | Firmware |
4 | Firmware oder Hardware |
5 | Hardware |
6 | Hardware oder Tape |
7 | Hardware oder Tape |
8 | Interface |
9 | Hardware oder RS-422 |
A | Degradiertes Laufwerk |
C | Cleaning Tape notwendig |
J | Falsches Tape |
Mehr Informationen unter https://www.ibm.com/docs/en/t-tt-and-t?topic=information-drive-error-codes-messages
Wenn alles sauber durchgelaufen ist und kein Fehler angezeigt wird resp. wenn das grüne Lämpchen leuchtet, sollte alles in Ordnung sein.
Unter Linux kontrollieren wir mit lspci
den HBA und mit lsscsi
das erkannte Tape Drive.
Unter Windows am besten im Device Manager oder ITDT.
Sollte das Tape Drive bereits erkannt worden sein, muss überhaupt nichts weiteres gemacht werden und ihr könnt an dieser Stelle abbrechen.
Sollte das Laufwerk nicht gefunden worden sein, wird es sich vermutlich im Tape Library Modus befinden.
Umwandlung zum Standalone Drive
In meinem Gehäuse des Tape Drives hatte es bereits ein angeschlossenes Kabel für die Kommunikation mit dem Tape Drive. Es kommt vermutlich aufs Modell drauf an, so ein Kabel muss nicht zwingend vorhanden sein.

An under Unterseite des Drives müssen alle DIPs auf „Off“ gestellt werden.

Der Anschluss auf dem Gehäuse-Board lässt sich entfernen und direkt für das Senden der Befehle im nächsten Abschnitt verwenden. Sollte so ein angeschlossenes Kabel fehlen, kann man sich auch mit der Verwendung von Jump Wires oder dem Anlöten von eigenen Kabeln helfen.

Die Kabel schliessen wir dann an einem RS422 / RS485 Adapter an, von Vorteil mit Terminal Block.
Bei mir war die Belegung wie folgt:
Farbe | Anschluss |
---|---|
Orange | RX, + |
Gelb | RX, – |
Violett | GND |
Rot | TX, – |
Braun | TX, + |
Die Belegung kann aber auch eine ganz andere sein.

Serielle Kommunikation mit dem Tape Drive
Wenn alles verkabelt ist, öffnen wir mit Putty oder screen die Konsole mit dem angeschlossenen Adapter. Beim Start wartet das Laufwerk im Tape Library Mode auf die Konfiguration der Tape Library.
Alle paar Sekunden sollte das Tape Drive etwas von sich geben:

Jetzt muss dem Laufwerk noch mitgeteilt werden, dass es auch ohne die Verbindung zum Tape Drive automatisch startet und über Fiber Channel kommuniziert.
Die entsprechenden Bits werden hiermit gesetzt:
\x02\x00\x36\xAC\x01\x00\x00\x00\x01\xFF\xF2\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\x00\xE6\x03
Diese z.B. als hex
in ein File speichern.
Mit folgendem Script können die Bits über den Adapter übermittelt werden, am besten als send_hex.sh
speichern:
#!/bin/bash stty -F /dev/ttyUSB0 ospeed 38400 -cstopb -parenb -echo while read -r line do echo -en "$line" > /dev/ttyUSB0 done < "$1"
Mit chmod +x send_hex.sh
als ausführbar markieren.
Ab jetzt das Laufwerk genau beobachten. Wenn es noch läuft, können die Bits mit ./send_hex.sh hex
übermittelt werden. Das Laufwerk wird vermutlich nicht für immer auf diese Konfiguration warten. Wenn nichts passiert, Laufwerk ausschalten, neu starten und warten, bis es wieder aktiv ist und erneut versuchen.
Erfolgreich war der Befehl, wenn das Laufwerk sofort nach der Übermittlung neu startet. Spätestens nach dem abgeschlossenen Neustart sollte das angeschlossene Laufwerk sichtbar sein:

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Installation und Benutzung von LTFS unter Ubuntu 24.04
Links
https://github.com/AC7RNsphnHVbyT4/ibm-tape-drive-automatic-standalone